Wer sich anpasst, überlebt. In Krisenzeiten ist der Anpassungsdruck besonders hoch. Innovation und Flexibilität sind gerade in diesen Tagen wichtig …
Digitalisierung oder / und Nachhaltigkeit?
Digitalisierung vs. Nachhaltigkeit?
Angesichts des Klimawandels kann die Digitalisierung eigentlich nur als eine vernünftige gesellschaftliche Entwicklung gelten, wenn der damit verbundene Energieverbrauch gesenkt oder im Optimalfall CO2-neutral gedeckt werden kann. Weiter kann Digitalisierung nur langfristig verträglich sein, wenn es gelänge sie in der Realität einer zirkulären Wirtschaft zu verankern. Seltene und aufwändig gewonnene Rohstoffe, die etwa für elektronische Geräte und Bauteile nötig sind, müssen möglichst optimal recycled und wiederverwertbar sein.
Es wäre ebenso wünschenswert, dass digitale Lösungen in erheblichem Maße dazu beitragen können, bestehende Verfahren hinsichtlich der CO2-Bilanz zu optimieren, Energie einzusparen oder ‘smart’ zu nutzen.
Etwa, dass weniger Autokilometer gefahren werden müssten, weil (und insbesondere nach dem Erlebnis der Corona-Krise) mehr Menschen remote arbeiteten können als zuvor. Oder auch, weil Abläufe in der Logistik und dem Warenverkehr optimiert werden können.
KI oder Machine Learning wird oft als vielversprechende Option gesehen, “digitale Technologien für den Klimaschutz nutzbar zu machen. Mit dem prognostizierten Anstieg an globaler Rechenkapazität für KI-Anwendungen geht jedoch ein wachsender Energieverbrauch einher. Um diesen Widerspruch aufzulösen, muss energie- und ressourceneffiziente Infrastruktur und Software erforscht und eingesetzt werden”
Quelle: dena.de - Deutsche Energie-Agentur.
Die Optimierung zugunsten besserer Energieeffizienz führt aber oftmals nicht dazu, dass unterm Strich weniger Energie verbraucht wird. Rebound-Effekte muss man mit in die Gesamtrechnung einbeziehen.
Die Digitalisierung kann viele Potentiale für die Gesellschaft eröffnen, aber ist heute noch nicht nachhaltig angelegt. Überspitzt gesagt, kann Digitalisierung erst dann als positive Entwicklung legitimiert werden, wenn digitale Technologie dem Menschen und der Umwelt nachweislich mehr hilft als sie schadet. Die Energiebilanz der digitalen Transformation sowie der sinnvolle Umgang mit Ressourcen sind also kritische Erfolgsfaktoren.
Die Achillesferse der digitalen Welt: ihr Energie- und Ressourcenhunger
Man sagt: “Daten sind das neue Öl”. Aber ist die Datenindustrie auch so umweltschädlich wie die Ölindustrie?
Es ist eine Frage der Verantwortung sich in Zeiten der Digitalisierung auch den schädlichen Konsequenzen digitaler Technologie zu widmen, um für die Zukunft das Potential der digitalen Welt auf eine weitaus nachhaltigere Basis zu stellen.
Dies beginnt z.B. mit der Frage danach, welche Schäden durch digitale Technologie entstehen… (?)
Der größte Schaden für Umwelt und den Menschen entsteht insbesondere durch den immensen Ressourcen- und Energieverbrauch, der bei der Herstellung und dem Betrieb sowie der Entsorgung von Geräten und Komponenten entsteht. Schließlich geht es bei digitaler Technologie nicht nur um Daten und Algorithmen, sondern auch gerade um alle Infrastrukturen, welche die Digitalisierung erst möglich machen. Es geht ebenso um die Summe aller Geräte, die digital miteinander verbunden sind - etwa Ihr Smartphone, Ihr Auto, den Arbeitsplatz, einen Supercomputer zur Wetterdatenanalyse, die Server von Meta oder einen Fitnesstracker.
Es ist im Kontext der Nachhaltigkeit und Ökologie grundlegend problematisch, wenn bei der Herstellung von technischen Komponenten (Transistoren, Akkus, Kabel …) eine große Menge von Materialien auf der Basis limitierter oder fossiler Rohstoffe (seltene Erden, Metalle, Kunststoffe, chemische Stoffe usw.) verarbeitet werden muss. Insbesondere, wenn für die Gewinnung und Verarbeitung zusätzlich viel Energie (und Wasser) verbraucht werden muss.
Bedenklicher ist weiterhin, wenn die relevanten Rohstoffe unter ökologisch oder sozial fragwürdigen Rahmenbedingungen abgebaut und verarbeitet werden. Noch negativer wird es, wenn die Wiederverwertungsquote (z.B. durch Recycling) dieser aufwändig gewonnenen Materialien nur gering ausfällt. Denn leider wird immer noch zu viel Elektroschrott nicht vernünftig recycled, sondern im worst case unter dem Radar einfach irgendwo auf der Welt “entsorgt”, was dann zu weiteren, teils unsäglichen Schäden für Mensch und Natur sorgt.
Der Energiebedarf von digitaler Technologie ist grundsätzlich hoch.
Wenn nun heute weltweit ein großer Anteil der benötigten Energie immer noch durch Verbrennung fossiler Rohstoffe wie Kohle und Gas gewonnen wird, dann ist IT erst einmal in hohem Maße schädlich für Mensch und Umwelt. Sie trägt in nennenswertem Umfang an der globalen CO2-Emission bei. Platt formuliert: natürlich ist auch das Digitale ein “Klimakiller”.
Als Anhaltspunkt: man geht davon aus, dass die CO2-Fußabdruck des Internet mit dem des weltweiten Luftverkehrs (vor Corona) vergleichbar ist (siehe auch climatecare.org).
In einem Artikel von Sascha Mattke (Technology Review, heise.de “Wie Digitalisierung das Klima belastet”) heißt es sogar: “Zusammengenommen sind Digitaltechnologien dadurch mittlerweile für 3,7 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich – während auf den zivilen Luftverkehr in 2018 lediglich 2 Prozent der Emissionen entfielen. Je nach Szenario könnte der Digital-Anteil an den weltweiten Emissionen bis 2025 auf mehr als 8 Prozent steigen, was höher wäre als der aktuelle Anteil von Autos und Motorrädern.”.
Mir fällt in diesem Zusammenhang auf, dass es heute einfacher ist, die CO2-Emissionen des Flugverkehrs abzuschätzen, als die CO2-Emissionen, die auf digitale Technologie zurückgehen. Wie viel Energie etwa sämtliche Digitaltechnik verschlingt, messen und wissen wir schlichtweg nicht. Das halte ich für ein sehr großes Defizit, denn ein Urteil im Sinne einer “Kosten”-Nutzen-Bilanz lässt sich so nicht fällen.
Festzuhalten ist, dass Digitaltechnologie gegenwärtig absolut nicht nachhaltig ist.
Links zum Thema:
climatecare.org Infografik: “The Carbon Footprint of the Internet”
Technology Review, heise.de “Wie Digitalisierung das Klima belastet”
derStandard “Wie klimaschädlich ist das Internet?”
GEO-Artikel “So viel CO2 verusacht der digitale Lebensstil”
Das Ding mit dem Rebound
Würde man Infrastrukturen nachhaltiger betreiben wollen, dann wäre eine naheliegende Option, an der Schraube des Energiebedarfs zu drehen, z.B. durch eine Optimierung hinsichtlich einer höheren Energieeffizienz. Doch hier zeigt sich leider oftmals ein gegenteiliger Effekt …
Der Rebound-Effekt bedeutet vereinfacht gesagt, dass in der Realität der Energiebedarf sogar dann oftmals steigt, wenn energieeffizientere Ansätze zu einem sparsameren Betrieb führen könnten. Denn die Einsparungseffekte haben häufig z.B. eine Änderungen im (Konsum- / Nutzung-) Verhalten zur Folge, so dass am Ende eine flächendeckendere oder intensivere Nutzung resultiert. So wird dann letztlich trotz größerer Sparsamkeit mehr Energie verbraucht.
Man unterscheidet direkte und indirekte Rebounds.
Beispiele für Rebound-Effekte können nahezu überall nachgezeichnet werden. In der Halbleiterindustrie, bei der Displaytechnologie und bei vielen Technologien und Verfahren, die mit IT nicht direkt zusammenhängen.
Es gibt unterschiedliche Gründe für Rebound-Effekte. Ein Grund ist, dass bei höherer Produktreife oder Reife eines Verfahrens nicht nur die Energieeffizienz steigt, sondern dass auch optimierte Herstellungsverfahren zu einer Kostensenkung in der Produktion und somit potentiellen Verbilligung führen. Infolgedessen werden häufig neue Kundensegmente oder Märkte erschlossen.
Im Bereich der Computergeschichte lässt sich das gut nachzuvollziehen. Einst wurden wenige, schrankartige Computer hochpreisig in geringer Stückzahl verkauft. Wenige Wissenschaftler und andere Gralshüter bedienten ehrfürchtig diese geheimnisvollen Maschinen. Doch dann wurden Computer billiger, kleiner und für andere Anwendungsfälle erschlossen. Sie wurden mitunter durch die nerdige Community immer weiter zugunsten einer Massentauglichkeit erobert.
Heute sind laut Statista rund 30 Milliarden “Devices” auf IoT (Internet of Things)-Basis verbunden und in fünf Jahren sind es laut Prognose 75 Milliarden. Computer gibt es in sämtlichen Ausprägungen und Geschmackssorten. Man kann heute extrem sparsame Computer bauen, aber man kann eben auch extrem leistungsfähige Computer für VR-Anwendungen, KI oder Simulationen bauen. Die Energieeffizienz hat neue Felder und Märkte erschlossen, aber keinesfalls zu einem geringerem Energieverbrauch geführt. Energiesparen ist also gar nicht so einfach und gelingt in der Regel nicht durch noch smartere Technologie.
Was ist mit Green IT?
Gegenwärtig halte ich viele Verheißungen der “grünen IT” für Augenwischerei.
Computertechnologie und digitale Infrastrukturen für die Datenverarbeitung und -Bereitstellungen hängen unmittelbar von Rohstoffen und Energie ab. Das Digitale ist etwas, das nicht einfach nur virtuell existiert, sondern aufwändig hergestellt und betrieben werden muss. “Grüne” IT versammelt die Vielzahl der Ansätze in dem Bemühen, die Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung zu erhöhen - sprich, IT weniger schädlich zu machen!
Weniger schädlich ist aber noch lange kein positives Ergebnis in der Gesamtbilanz!
Beispiel: Isländische Krypto-Farmen
Wenn die energiehungrige Kryptowährung Bitcoin geschürft (~ man spricht von Mining) wird, dann erfolgt dies heute primär noch in solchen Ländern, in denen die Energiepreise so niedrig sind, dass sich der wachsende Aufwand überhaupt noch lohnt. Er lohnt sich nur dann, wenn die Kosten für 1 BTC unter dem Gegenwert liegen, der auf dem Markt erzielt werden kann. Eines der Top-Länder für das Mining wurde so irgendwann Venezuela, da dort Bitcoin-Farmen mit extrem billiger Energie betrieben werden konnten. Die Energiekosten-pro-Bitcoin (Stand 2018) im Ländervergleich spielen also für den internationalen Krypto-Markt eine große Rolle. Gleichzeitig ist der Energiebedarf der Technologie ein großes Image-Problem. Denn wer will schon eine Währung, die extrem klimaschädlich ist? Das Projekt MoonLite setzte sich nun zum Ziel, Bitcoin künftig durch den Einsatz 100%ig grüner und nachhaltiger Energie zu schürfen. Auf der Website des Projektes heißt es: “The MoonLite Project is beginning its journey in Iceland, where we will operate our first industrial scale crypto-mining data center, which is rated at 21 Mega-Watts. We have an aggressive growth & mining strategy, and plan to expand our footprint by constructing more large scale mining facilities in the near future, all while utilizing 100% green & sustainable energy in all of our operations.”. Jetzt man muss sich die Frage stellen, ob das bereits grüne IT ist?
Ist weniger schlecht direkt gut oder grün? Kann Bitcoin-Schürfen überhaupt jemals grün sein? Natürlich ist es toll, wenn vermehrt “nachhaltige und grüne” Energie für sämtliche Anwendungsfälle eingesetzt wird, aber ob Bitcoin unterm Strich mehr Nutzen als Schaden generiert, ist dadurch nicht gesagt. In Island werden geothermale Hausvorteile für die Energiegewinnung ausgespielt - das brachte Island einen Boom in der Verhüttung von Aluminium ein, was ähnlich wie Bitcoin-Mining, extrem energieintensiv ist.
Die Aluminiumproduktion ist nicht nur aufgrund des Energieverbrauchs wenig umweltfreundlich, sondern auch weil bei der Weiterverarbeitung von Bauxit zu Aluminium große Mengen giftigen “Rotschlamms” als Abfall entstehen. Das neue Aluminium Islands könnte also Bitcoin werden. Green IT ist dies aber auch selbst in Island nicht. Island bietet zunächst gute Mining-Konditionen und zweifelsohne weitere Vorteile bei der Kühlung der heiß laufenden Farming-Cluster. Grüne IT kann aber nicht alleine dadurch definiert sein, ob man Ökostrom verwendet. Niemand würde ernsthaft auf die Idee kommen, dass Aluminiumherstellung besonders “grün” sei.
Energie wird aber ebenso fernab von Bitcoin unkontrolliert verbraucht …
Auch wenn Sie gerade keine Kryptowährung schürfen, verbrauchen Sie in diesem Moment Energie durch das Lesen dieser gerenderten Seite. Denn bereits eine schnöde Website verbraucht Energie. Was auch klar ist: immer mehr elektrifizierte Inhalte und Services werden erstellt, distribuiert und konsumiert. Problematisch ist also im Wesentlichen, dass IT-Infrastrukturen, Software, Ihre und meine digitalen Inhalte, Cloud-Services, jedes Video auf Youtube oder Netflix und jedes Smartphone in Summe schiere Unmengen an Energie und limitiert vorkommenden Ressourcen verbrauchen.
Aus diesem Grunde sehe ich eine der großen Herausforderungen für die nächsten Dekaden darin, die digitale Infrastruktur des Planeten zwingend nachhaltiger auszurichten. Das Reduzieren von negativen Effekten für die Umwelt (wie am Beispiel Bitcoin) reicht allerdings noch nicht und halte ich nicht für die einzige “grüne” Maßnahme. IT ist heute schlichtweg nicht grün und nichts, das sich als grundlegend nachhaltig bezeichnen ließe.
Ich bin letztlich davon überzeugt, dass die Gesellschaft in hohem Maße von klugen und auch digitalen Lösungen abhängig ist und bleiben wird, wenn sie die Herausforderungen dieser Zeit und die wachsende Komplexität der menschlichen Realität überhaupt adäquat lösen möchte.
Weitere Negativfolgen durch Technologie?
Neben den genannten Problemen des Energie- und Ressourcenverbrauchs kann man weitere negative Konsequenzen im Kontext der Digitalisierung anführen. Z.B. Fake-News im post-faktischen Zeitalter, Cyber-Crime und Cyber-Warfare, die Verdrängung von Arbeitsplätzen durch Automatisierung, KI und Robotik, die steigende Komplexität und Beschleunigung (die den Einzelnen bisweilen überfordern) und vieles mehr.
Ich bin jedoch quasi halber Medienwissenschaftler und als solcher etwas vorsichtig mit medienontologisch-dystopischen Schnellschüssen. Es ist meist zu einfach, der Technologie die Schuld für menschliches Fehlverhalten in die Schuhe zu schieben. Technologie hat historisch noch nie eigenständig die Massen getäuscht, sondern immer steckten Menschen dahinter. Menschen entscheiden sich stets für die Mittel der Manipulation, sie verhalten sich zugunsten sozial unverträglicher Gewinnmaximierungsabsichten und sind dafür verantwortlich, dass Natur ausgebeutet wird. Individuen, Organisationen und Gesellschaften gestalten das technologische Antlitz der Welt und nicht die Technologie selbst. Bald könnten wir in eine Epoche eintreten, in der sich dies ändern könnte, durch intelligente Automaten bzw. KI, die autonom für uns agiert.
Ich glaube durchaus, dass McLuhan mit dem kernigen Statement “The medium is the message” nicht so falsch liegt, aber meine auch, dass man die Relativität dieser Aussage ebenso verstehen muss. Das Medium hat aufgrund seiner ontologischen Qualitäten einen spezifischen Einfluss und kann die versendete Botschaft sogar dominieren, aber die Intention des Senders betrifft neben der Botschaft auf den Kanal, über den gesendet wird. Wenn Menschen die Eigenschaften des Mediums als “Heeresgerät” (siehe Friedrich Kittler) für ihre Botschaft missbrauchen wollen, dann ist das Medium nicht nur magisches Ding, sondern ebenfalls der Gebrauchsgegenstand.
Das Medium selbst ist nicht der Urheber von Propaganda, Polemik oder Fake-News, bietet aber spezifische Eigenschaft an, um solches zu entfalten. Technologie entwickelt also dann gefährliches Potential, wenn an der Kommunikation beteiligte Menschen diese nicht kompetent verstehen oder nicht weise mit dieser umgehen möchten, indem sie die Kompetenzdefizite anderer vorsätzlich ausnutzen. Unsere kulturelle, gesellschaftliche Evolution hinkt zusätzlich der technologischen Entwicklung hinterher, das macht die Technologie allerdings noch nicht zum Sündenbock.
Der Umstand macht es jedoch schwieriger, Weisheit und Kompetenz durch die Zeit aufrecht zu erhalten. Historisch sind schon viele Mediendystopien ausgerufen worden, auch beispielsweise im Kontext des gedruckten Buches, welches plötzlich vielfältig und günstig jede Art von Ideen transportieren konnte. Es gab daraufhin Vertreter der Kirche, die dieser freien Denkart nur Schlechtes abgewinnen konnten. Was soll schon dabei herauskommen, sobald die Menschen individuell im stillen Kämmerlein lesen konnten, wonach ihnen der Sinn stünde? Der Verfall der Werte und der Gesellschaft wurde befürchtet. Vor allem aber würde es aber auch die Erosion der kirchlichen Deutungshoheit (oder Gatekeeper-Funktion) implizieren - quasi: das Buch als Gefahr für den Businessplan.
Technologien können einer Entfremdung des Menschen sicherlich zuträglich sein. Z.B., wenn einer ungehemmten Technologieverwendung keine (Medien-) Kompetenzen mehr gegenüberstehen. Doch nicht Technologie manipuliert aus eigener Ambition den Menschen, sondern der Mensch manipuliert sich selbst durch seinen Umgang mit Technologie. Fake-News erstellen sich ebenso wenig selbst, übrigens auch dann nicht, wenn eine KI sie im Nanosekundentakt generierte. Wenn Demokratien gar durch Social Media oder behavioristische Algorithmen erschüttert werden, dann sind es trotzdem die Interessen von Menschen, die das grundlegende Problem sind - Technologie bietet nur den Raum.
Digitalisierung und Nachhaltigkeit - Zwischenfazit
Die Digitalisierung kann nur dann positive Entwicklungen für die Gesellschaft generieren, wenn die zugrundeliegende Technologie / Infrastruktur mit den Zielen der Nachhaltigkeit optimal in Einklang zu bringen ist. Hier ist noch viel zu tun!
Es können sich in einer Gesamtbilanz nur dann langfristig positive Perspektiven durch den Einsatz digitaler Technologien für die Gesellschaft einstellen, wenn die nötige Energieversorgung und die Ressourcengrundlage für deren Verwendung KEIN primäres Problem bleiben.
Ökologische Systeme und der Lebensraum des Menschen darf nicht irreparabel geschädigt werden, wenn Technologie sinnvoll sein soll.
Man könnte ein Paradigma wie folgt definieren:
Technologie ist nur dann gut, wenn ihr Nutzen größer als ihr Schaden ist - und ! - wenn der angerichtete Schaden klein genug bleibt, so dass er entweder reparierbar oder kontrollierbar ist.
Ableitungen für die Zukunft
Wenn es gelänge, energieeffiziente Verfahren so zu operationalisieren, dass Rebound-Effekte minimiert werden können und die Einsparung so am Ende größer bleibt, dann wäre dies ein wichtiger Schritt. Gleichzeitig muss weitaus mehr Information darüber existieren, wie viel Energie überhaupt sämtliche Komponenten verbrauchen (bei Herstellung und Betrieb) und es muss eine qualitative Debatte geben, wie viel Energie welche Inhalte wert wären.
Z.B. wie viel Strom sollte ein Youtube-Video verbrauchen dürfen? Gibt es Video-Inhalte, die mehr oder weniger Energie verdienten als andere? Eine solche Debatte würde sicher schwierig werden und ist im Grunde ebenso bedenklich.
Neben Energieeffizienz und Informationen benötigen wir natürlich einen 100%igen Umstieg auf erneuerbare Energie. Denn wenn dies nicht geschieht, wird die Digitalisierung ein ethisch grundsätzliches Legitimationsproblem bekommen. Hier sehe ich aber auch das Potential, dass die Digitalisierung nämlich gerade ein Treiber für eine schnellere Energiewende werden könnte. Ihr grundsätzlicher Energie- und Ressourcenhunger wäre damit allerdings noch nicht beseitigt.
Weiter müsste all das, was Energie und limitierte Ressourcen “frisst”, bepreist werden. Doch dies geht erst, wenn Verbrauch überhaupt solide bezifferbar wäre. Und davon sind wir aus meiner Sicht noch meilenweit entfernt. Oder wissen Sie wirklich, wie viel Energie Sie durch das Lesen dieses Betrags durch den Schornstein gejagt haben? Nein - nicht im Ansatz!
Digitale Geschäftsmodelle sollten sich ebenso an Kriterien der Nachhaltigkeit messen lassen. Denn früher oder später würden solche Modelle, wenn sie drastisch Kriterien der Nachhaltigkeit widersprächen, einem gesellschaftlichen Konsens zuwiderlaufen und damit kaum umsetzbar sein. Je früher also reflektiert wird, wie man kompatible Geschäftsmodelle aufbauen kann, umso größer sind die Aussichten auf längerfristigen Erfolg. Zum Glück sollte dies im Interesse von Unternehmern sein.
Wichtig ist es auch, solche digitalen Innovationen stärker zu fördern, die nachweislich Potentiale für den Umweltschutz, die Energieeinsparung, den besseren Umgang mit Ressourcen und ebenso Demokratie heben. Denn wenn eine Innovation z.B. dabei hilft, mehr Energie einzusparen als für sie selbst nötig wäre, verbessert dies zunächst einmal die Bilanz. Dies bedeutet für mich z.B. auch, dass Product Design (im Kontext von IT und digitalen Produkten bspw.) neue Design Paradigmen entwickeln muss. Product Design sollte auch stärker an Energie- und Nachhaltigkeitsfragen orientiert sein und methodisch ausgeweitet werden. Ebenso müsste der Zugriff auf Informationen vielleicht anhand neuer Produktmetriken ausgelegt sein, so dass z.B. Relevanz und Effizienz innerhalb der Nutzung genauer betrachtet werden. Auch die zum Einsatz kommende Technik würde sich aufgrund weiterer Parameter entscheiden. Wann welche Daten angefragt werden, nach welchen Kriterien eine “optimale” Softwarearchitektur entworfen würde und wie sich Datenmengen energieschonender speichern und abrufen lassen, all das wären mögliche Fragestellungen.
Wahrscheinlich ist es auf jeden Fall, dass sich immer mehr Produkte auch an Kriterien zugunsten einer nachhaltigeren Praxis messen lassen müssen. Und das wäre gut.
Eine mögliche Ableitung für die Zukunft vielleicht auch, dass das Digitale “erwachsener” werden muss. Was heute noch ständig zum Hype gereicht, ist irgendwann vielleicht noch so spannend, wie heute Messer und Gabel spannend sein können. Eine Entmystifizierung digitaler Innovation und Technologie, etwa in Form einer neuen Welle der Aufklärung, täte eventuell ja ganz gut - so, dass Dinge wieder auf ihren Nutzwert heruntergebrochen werden können. Nicht alles ist unglaublich und man sollte nicht alles zum unglaublichen Spekulationsgut hochstilisieren. Denn übertriebene Euphemismen machen eben oft auf einem Auge blind. Weitere Dimensionen der Nachhaltigkeit könnte also auch von einer neuen Form der Aufklärung geprägt sein, die Unsinniges von Bedeutsamen besser unterscheidbar werden lässt.
Insgesamt halte ich die Summe dessen, was noch zu tun ist, für eine spannende Herausforderung (wenn nicht sogar Herkulesaufgabe). Es gibt viel zu tun, um aus IT und Digitalisierung eine nachhaltig zukunftsweisende Veranstaltung zu machen. Aus meiner Sicht macht nur DIGITALISIERUNG + NACHHALTIGKEIT Sinn.
Ein “Entweder Oder” ist unvernünftig.
Weiterführendes auf productmonkey.de
Post zum Thema: Nachhaltiges Web Design
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