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Innovation managen? Ja.
Innovation
Innovation geschieht durch Menschen, in gesellschaftlichen Kontexten und niemals ohne Aufwand.
Innovation ist nicht Technologie, sondern Technologie kann für die Lösung von Problemen oder eines Konzepts eine Rolle spielen. Innovation ist nicht gleichbedeutend mit dem Begriff der Idee. Eine Idee kann aber zu Innovation führen und Innovation bedingt die konsequente Arbeit an Ideen.
Für eine weitere Einordnung eignet sich ein Vergleich aus dem Bereich der Kunst:
Das Thema oder der Gegenstand eines Kunstwerks wird meist als Stoff oder Sujet bezeichnet. Der Künstler setzt sich formal mit diesem Stoff auseinander. Auch bei der Innovation existiert immer ein Stoff - bzw. ein Gegenstand. Im Weiteren ist die Form jedoch wichtig, genauer gesagt, die Auseinandersetzung mit formalen Möglichkeiten oder Lösungsoptionen gegenüber einer gegebenen Problemstellung. Bei Innovation ist das Problemfeld der Gegenstand der Auseinandersetzung (z.B. die Kommunikation über große Distanz), die mögliche Lösung spielt sich im formalen Raum ab und führt dann etwa zu einer technischen Erfindung und zur Lösung des Problems (etwa einem Morse-Apparat oder Telefon) oder zu einem neuen Geschäftsmodell (z.B. eines Telekommunikationsunternehmens).
Innovationsmanagement zielt nun darauf ab, formale Explorationen und Modelle gegenüber einer Problemstellungen so zu optimieren, dass Menschen effizient und strukturiert das Neue suchen, finden und operationalisieren können.
Basal (begrifflich: Innovation ~ Erneuerung) geht es bei Innovation immer um die Erschaffung oder Etablierung neuer Ideen, Konzepte, Ansätze. Z.B. bei der Transformation von Geschäftsmodellen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit. Oder auch bspw. um die Weiterentwicklung der Sichtweise im Bereich der bildenden Kunst, wie im Zusammenhang der Erfindung der Farbtube und dem Impressionismus schön nachzuvollziehen ist. Der Eindruck des natürlichen Lichts wurde erst beim Verlassen des Ateliers zum wichtigen Thema. Pontillismus ist hier eine Folgeerscheinung dieser Auseinandersetzung.
Untergliedern kann man Innovation, die eine inkrementelle Weiterentwicklung des Bestehenden (z.B. vom Telefon mit Wahlscheibe hin zum Telefon mit Tasten und Kurzwahlspeicher) oder disruptive Innovation oder Sprunginnovation (z.B. Internet) darstellt.
Die disruptiven Innovationen (welche übrigens nicht zwingend Technologie bedingen) haben zur Folge, die Logik eines bestehenden Problemfeldes oder Marktes für alle Akteure so grundlegend zu verändern, dass bereits existierende Produkte, Geschäftsmodelle oder Dienstleistungen drohen obsolet und abgelöst zu werden.
Inkrementelle Entwicklungen lassen sich hingegen besser einschätzen oder vorhersagen und bieten allen Akteuren, die sich mit einem Problemraum befassen (z.B. auch dem Wettbewerb), mehr Möglichkeiten der Anpassung, da die grundlegende Struktur (wie z.B. eine Marktlogik oder Investmentstrukturen) erhalten bleibt. Disruptive Neuerungen werfen dieses Gefüge im Vergleich dazu oftmals derart durcheinander, so dass bestehenden Unternehmen im Wettbewerb nicht hinreichend flexibel reagieren können. Disruptive Ansätze sind aus diesem Grunde grundsätzlich auch als aggressiver einzustufen.
Innovation = Erneuerung
Unternehmensgeschichten beginnen in der Regel mit einer (aus Sicht des Gründers) guten Geschäftsidee. Sie setzen sich durch Teams fort, die dieser Idee folgen. Ideen sind alle immer auch Glaubensfragen. Die Geschäftsidee wird dann weiter für bzw. auf Basis des Marktes oder der Logik des Marktes optimiert; ein Produkt wird etwa gegen einen Market-Fit und danach entlang eines Lebenszyklus optimiert. Nachdem sich Unternehmen mit ihrer Dienstleistung oder ihrem Produkt einmal im Markt etabliert haben, erhalten weitere Skalierungsfaktoren eine höhere Aufmerksamkeit. Z.B. um Kostenstrukturen zu optimieren oder die Produktion zu erhöhen, um einer wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Prozesse und neue Logikgerüste werden eingeführt, vielleicht um den Einkauf zu optimieren, um Produktionskosten zu senken oder Auslastungen zu verbessern. Auch neuen Komplexitäten muss begegnet werden. Z.B. im Bereich HR, rechtlichen Fragen oder internationalen Herausforderungen. Manchmal steht am Ende dieser Optimierungs-Phase, die auf Wachstum fokussierte, die Ernüchterung in der Form, dass Produkte eines Tages veraltet sind, Dienstleistungen nicht mehr wettbewerbsfähig oder Kunden das gewisse Etwas vermissen und sich der Konkurrenz zuwenden. In dieser Phase angelangt, wird das Unternehmen neugierig auf die Potentiale von mehr Innovation. Nicht selten fordern dann Dritte, etwa Investoren, Partner oder Kunden mehr Innovation.
Natürlich gilt die obige Beschreibung keinesfalls für jedes Unternehmen, aber es soll ein möglicher Kontext beschrieben werden, wie und wann Unternehmen wieder ein stärkeres Interesse daran entwickeln, sich selbst oder ihr Angebot zu erneuern.
Erneuerung, im Sinne einer Offenheit gegenüber weiterer Ideen, kann zwar als genereller Unternehmenswert in der Unternehmenskultur verankert sein, aber in der Realität suchen Unternehmen, die auf einer Wachstums- und Erfolgsphase sind seltener nach aufwändigen Erneuerungsinitiativen, sondern konzentrieren sich auf die operative Machbarkeit ihres Wachstums. Etwa, indem Sie immer neuen Komplexitäten begegnen und so immer differenziertere Prozesse einführen, die aber nicht zur Innovation beitragen, sondern eher reaktiv zu verorten sind. Erneuerung wird also häufiger in Zeiten der Ernüchterung, nach Rückschlägen oder durch den Druck von Dritten in den Fokus gerückt. Man denke etwa an die Automobilindustrie, die sich ohne den äußeren gesellschaftlichen Druck vermutlich weiterhin voll und ganz auf das geographische Spiel der Märkte konzentriert hätte, doch nun Innovationskraft und die Fähigkeit zur Neuausrichtung untern Beweis stellen muss. Innovation ist kostspielig, alte Systeme sind es nicht, denn ihre Kosten wurden bereits optimiert. So vermeidet man Innovation oftmals, so lange es eben geht.
Innovationinitiativen sind aus diesem Grund nicht selten von Change-Programmen begleitet, in denen mehr als nur die Produkt- oder Servicelandschaft ‘umgekrempelt’ werden muss. Organisationen optimieren sich im Verlauf ihrer Geschichte häufig nicht nur gegenüber ihrer Umwelt, sonder vor allem auch gegenüber sich selbst bzw. ihrer eigenen Komplexität. Und das führt auch zu dem Verlust von Flexibilität, manchmal auch Realitätssinn. Es führt manchmal aus auch zu dem Verlust einer Eigenschaft (Flexibilität), die in Phasen der notwendigen Erneuerung essentiell ist. Innovation wird de facto seltener gern fundamental angepackt, als es die Konjunktur (und Überbenutzung) des Innovationsbegriffes vermuten lassen kann. Denn Innovation ist begleitet von vielen Risiken (für das Unternehmen sowie die beteiligten Individuen) und erfordert hier und da den radikalen Umsturz des Bekannten - z.B. von organisatorischen Strukturen und dem Tradierten. Ob bestehende Prozesse, Fähigkeiten oder die Firmenkultur für Neuerungen geschaffen sind, zeigt sich oft erst im Zuge der Transformation, also auf dem Weg vom Altbekannten hin zum Neuen.
Ausgang dieser evolutionären Bereitschaft meist: ungewiss
Unternehmen sind nun weiter getaktete Konstrukte, bspw. um zu ermöglichen, den quartalsweisen Erfolg eines Jahres für Shareholder nachzuweisen. Innovation und Change bedeutet für die Vorhersagbarkeit von Erfolg hier erst einmal nichts Gutes! Dies ist ein weiterer Grund, warum vielerorts vor großen Veränderungen zurückgeschreckt wird. Viele Unternehmen versuchen lieber, die gewohnten Methoden auf die prozentweise Optimierung der aktuellen Zahlen anzuwenden. In der Praxis heisst das dann oft: smarter, schneller, höher, weiter.
Es durchaus nun an dieser Stelle spannend, dass Innovationvermögen trotzdem gerne kommuniziert wird und sich von der Außenkommunikation bzgl. jedweder Neuerung offensichtlich auch sehr viel versprochen wird. Die absichtlich inszenierte innovativen Aura geht mancherorts dann sogar weit über die faktische Realität hinaus, so dass fiktive Pläne und Visionen das Marketingmantra mehr bestimmen als echte Produkte und geschaffene Werte. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Unternehmen neue Investoren suchen, die schließlich in eine ergiebige Zukunft investieren wollen. Es tritt auch dann auf, wenn von strukturell tiefsitzenden Problemen abgelenkt werden muss. Z.B. von schlechten Entscheidungen oder fehlenden Fähigkeiten. Neben echter Innovation und Veränderung gibt es also auch die Ambition vieler Menschen als innovativ wahrgenommen zu werden.
Innovationsmanagement kann auf einer Evaluationsebene ebenso ‘ungelegte Eier’ behandeln. Doch in einem strukturierten Ansatz hilft Innovationsmanagement dabei, konstante Investitionen in die Generierung von Neuerung und Veränderung zu bewerten. Sukzessive Arbeit an der Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens basiert also im besten Fall aus einem nachhaltigen, strukturierten und bewertbaren Ansatz. Das Testen neuer Geschäftsmodelle am Markt geht z.B. weit über die reine Induktion einer kreativen Aura hinaus und setzt eine messbare Absicht und Struktur voraus, die z.B. konstante Budgets bedingt.
Innovationsmanagement
Innovationsmanagement [-ˌmænɪdʒmənt] ist die systematische Planung, Steuerung und Kontrolle von Innovationen in Organisationen. Im Unterschied zu Kreativität, die sich mit der Entwicklung von Ideen beschäftigt, ist Innovationsmanagement auch auf die Verwertung von Ideen bzw. deren Umsetzung in wirtschaftlich erfolgreiche Produkte bzw. Dienstleistungen ausgerichtet. (via Wikipedia)
Systematik ist ein hier wichtiges Schlüsselwort für das Verständnis von Innovationsmanagment.
Es geht nicht um individuelles, kreatives Potential, sondern um den Aufbau eines Betriebssystems für Innovationstätigkeit, in dem sich durchaus dann natürlich ebenso kreatives Potential entfalten kann. Betriebssystem und Genie sind kein Widerspruch, doch wirken diese Enden oft antagonistisch zueinander. Aus leicht nachvollziehbaren Gründen. Individuelle Potentiale und eine Methodik sowie Systematik fruchtbar zu verbinden, das ist sicherlich eine der Königsdisziplinen, wenn es um Innovationsmanagement geht.
Beim Innovationsmanagement geht zunächst um strukturell breiter angelegte Rahmenbedingungen für die Generierung von neuen Optionen sowie die Systematik in der Bewertung von Optionen. Da für Unternehmen der Markt und die Kunden die vitalen Rahmenbedingungen darstellen, geht es also bei einer solchen Systematik nicht um die reine Generierung von genialen Ideen, sondern eben gerade auch um deren Verwertbarkeit für das Unternehmen am spezifischen Markt. Für Unternehmen sind dementsprechend nicht die genialen Ideen stets besonders wichtig, sondern verwertbare Ideen, die operationalisierbar zu Effekten führen können. Wenn die operationalisierbaren Idenn dann auch genial sind, stört dies nicht weiter ;)
Wichtig ist Unternehmen, dass generierte Ideen funktionieren können (am Markt, bzgl. der nötigen Investitionen und einer operativen Umsetzbarkeit), wertvoll sind (es gibt ein klares Potential auf Kundenseite und die möglichen Umsatzpotentiale lassen sich einordnen), schützbar wären (also noch nicht geschützt sind) usw.
Innovationskandidaten (z.B. gedacht entlang eines Innovationfunnels, den viele Kandidaten durchschreiten) müssen also bestimmte Kriterien erfüllen, damit sie letztlich erfolgreich zu der anvisierten Erneuerung beitragen können. Zwar ist es natürlich in der Praxis auch so, dass ein CEO leidenschaftlich an eine Idee glauben kann, deren direkte Umsetzung anordnet, aber selbst dann muss diese Idee ihr Potential schließlich Realität unter Beweis stellen. In einem reifen Innovationsmanagement- Ansatz würde man mit dem Ziel der Risikominimierung versuchen, Ego oder Rang des Ideengebers für die Bewertung von Innovationskandidaten zu ignorieren, so dass Potentiale objektiver analysiert werden.
Ein systematischer Ansatz für Innovation stellt Messbarkeit über Glaubensfragen. Hierfür dienen Kriterien, um bei der Betrachtung möglicher Kandidaten vergleichbare Parameter anzusetzen, so dass im Benchmark verschiedener Kandidaten untereinander der erfolgversprechendere gewinnt. Dieses Vorgehen ist evolutionär sinnvoll auch erfolgreich: eine Maus, die aus zwei Stücken Speck wählen muss, entscheidet sich für das näherliegende Stück Speck, um das Risiko zu minimieren, auf dem Weg zur Nahrung gefressen zu werden. Der Nachteil ist jedoch auch, dass diese Haltung oft zu einer konservativen Herangehensweise oder eine Taktik der kleinen Schritte führt. Bedeuten kann dies in Folge: versiegende Budgets für Innovation und Verlust von Wagnisbereitschaft.
Low-Hanging-Fruits werden aus in einer Kausalität bevorzugt, in der kleine Investitionen ein positives Kosten-/ Nutzen-Verhaltnis erzeugen. Das Problem kann dann also sein, dass man zu lange von einer inkrementellen Erweiterung zur nächsten hüpft, ohne dabei den entscheidenden Sprung zu machen. Oder dass große Opportunitäten sowie Anpassungsnotwendigkeiten vollständig ausgeblendet werden. Menschen haben früher Eisblöcke ausgeliefert, dann entstanden Kühltechniken und sehr viele Menschen wurden arbeitslos, weil sie zu lange an einem alten Modell festhielten.
Das Paradigma einer Kosten-/Nutzen-Ratio versagt also dann, wenn generelle Neubetrachtungen überlebenswichtig wären.
Die Entwicklung des Ackerbaus hat sehr viel Zeit, viel Trial & Error, viel Mühen gekostet. Doch eine Optimierung des Sammelverhaltens von Früchten, Wurzeln und Körnern (im Sinne einer Low-Hanging-Fruit-Prämisse) konnte sich mit dem Erscheinen des Ackerbaus auch nicht mehr lange halten. Ferner wurde Ackerbau eine Prämisse für weiteres Wachstum, was dann die alte Logik irgendwann zerstörte.
Im Falle von sprunghaften Entwicklungsoptionen müssen also neue Kriterien hinzugezogen werden, da die alte Systematik keine entscheidenden Vorteile mehr generiert. Bei Technologieanbietern wären diese Phasen damit vergleichbar, dass eine Technologie schlichtweg veraltet ist und sich gegenüber neuen Technologien nicht mehr durchsetzen kann (Kühlschrank vs. angelieferter Eisblock). In diesen Szenarien macht es perspektivisch keinen Sinn, eine tradierte bzw. überholte Technologie stur weiter zu optimieren. Dieselmotoren sollte man z.B. auch nicht für alle Zeiten weiter optimieren, wenn andere Technologien oder anderer Bedarf Verbrennungsmotoren ablöst. Geeignete Innovationskandidaten sind in solchen Umbruchsphasen also nicht in der inkrementellen Fortführung der Geschäftslogik, sondern der (mitunter radikalen) Änderung oder Adaption zu sehen.
Auch dabei kann ein systematischer Ansatz für Innovation helfen, wobei sich die Zielsetzung auf das Generieren neuer Geschäftsmodelle fokussieren muss und die Antworten selten innerhalb des bestehenden Bezugssystems zu finden sind. Alte Voraussetzungen müssen zwangsläufig überdacht werden, da die lineare Fortführungslogik bereits versagt. Innovation ist somit unterm Strich niemals kontextlos! Kriterien für Innovation und eine geeignete Systematik ergeben sich z.B. auf Basis der situativen Kontexte des Unternehmens (Bsp: Kohleverstromung), des Marktes (Bsp: Energiebedarf) oder gar der Gesellschaft (Bsp: Umweltagenda und Klimawandel). Unternehmen müssen erkennen, ab wann Sprünge unabwendbar sind (Bsp: Kohleausstieg) und wann es Zeit für inkrementelle Innovation ist, in der neue Punkte auf der Innovationsagenda stehen (Energiemix, Dezentrale Versorgungsstrukturen, erneuerbare Energien) auf der Agenda stehen. Die “richtigen” Zeitpunkte werden von vielen Akteuren oft verschlafen. Dies ist sicherlich ein Grund, warum früher oder später “ein jedes Imperium” fällt.
Das klassische Stage-Gate-Modell formalisiert Stages (~ Abschnitte, Stufen) und Gates (~ Tore, Barrieren) für die Generierung, Prüfung und Entwicklung von Ideen. Neue Ideen müssen sich also durch einen “Funnel” bewähren und verschiedene Entscheidungsbarrieren passieren, bevor sie Realität werden. Der Vorteil dabei ist, dass z.B. viele Kandidaten in einem ersten Abschnitt existieren können, die mit geringer Investition bearbeitet werden. Je weiter ein Innovations-Kandidat dann validiert und qualifiziert wird, je mehr wird in diese Idee investiert. Dadurch wird insbesondere in solche Ideen viel investiert, die vermutlich an den Markt gelangen werden. Dennoch gibt es auch an diesem Modell inzwischen Kritik, etwa was die Performance des Prozesses in heutigen Zeiten betrifft. Festzuhalten bleibt aber: Innovationsprozesse zielen auf systematische Praktiken und qualifizierbare Ergebnisse ab, es geht dabei nicht um das Einzelgenie oder rein kreative Abläufe. Diese schaden dem Prozess aber widerum nicht. Kriterien der Bewertung von Ideen können nicht linear für immer gelten, sondern müssen “agil” an die Kontexte der Realität angepasst werden. Systematiken müssen auch bei solchen Anpassungen nicht zwingend geändert werden, aber der Umgang mit dem Druck zu sprunghaften Entwicklungen gestaltet sich generell schwieriger.
Eine Organisation, die strukturiert Innovation fördert, stellt Räume und Strukturen für kreative Prozesse, Freiraum für Kontextwechsel und Ideenfindung bereit. Gute Ideen sind nicht immer die, die man schnell vorhersagen oder aus der Historie ableiten kann. Sondern gerade unwahrscheinliche Ideen entwickeln oft das Potential eines Game changers. Das hört sich in der Theorie zwar irgendwie naheliegend an, ist in der Praxis aber eine systemimmanente Schwierigkeit. Und zwar aus schon benannten Gründen - Unternehmen neigen dazu, sich gegenüber sich selbst zu optimieren und auch dazu, die einmal etablierte Logik möglichst lange zu verteidigen. Es kommt zu häufig zu einer irrationalen Überhöhung einst definierter Best-Practices und einer Abneigung gegenüber neuen Ideen, die evtl. zu weit vom Status Quo oder der identitätsstiftenden Tradition entfernt sind. Man sagt nicht ohne Grund: Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht: Neues ist unbequem und führt sehr oft zu Widerständen.
So ist es eine ultimative Herausforderung, die Offenheit gegenüber neuen Ideen klug zu kultivieren und als Wert zu begreifen, um die Trägheit menschlicher Organisation zu überwinden. Ein Hebel ist hierfür sicherlich: die menschliche Neugier.
Für Organisationen ist es von zentraler Bedeutung eine Offenheit gegenüber neuen (vielleicht abwegigen) Ideen und Konzepten zu trainieren, weil so eine höhere Varianz im gesamten Potential erreicht werden kann. Neues Denken führt zu neuen Übertragungseffekten (z.B. die Übertragung einer Beobachtung auf eine neue Problemstellung), so dass der Gesamtfundus, aus welchem innerhalb einer Organisation geschöpft werden kann, reicher, resistenter, adaptiver und vielversprechender ist (z.B. im Entry-Funnel / dem Eingangsfundus eines Innovationskanals). So fluide agierende Organisationsgebilde sind daher immer resilienter gegenüber Einflüssen von außen.
Allgemeine Tipps
- Innovation und Change geschieht ausschließlich mit und durch Menschen.
Es müssen in Zeiten des Wandels einerseits sinnstiftende Kontexte vermittelt werden und ebenso muss ein subjektiver Zugang für Mitarbeiter möglich sein, der Perspektiven schafft. Partizipationsmöglichkeiten sind wichtig und sollten nicht durch Pseudo-Veranstaltungen abgetan werden. Eine konsistente und konstante Vermittlung von Möglichkeiten der Partizipation, Absichten des Transitionsvorhabens und Transparenz gegenüber möglichen Entwicklungen ist in Zeiten des Wandels wichtig. Hierfür gibt es nicht eine Vorgehensweise, die für jedes Unternehmen passt, sondern Verantwortliche sollten sich konkret mit ihrer Mannschaft und den Kontexten der Organisation auseinandersetzen. In Zeiten des Wandels kann NUR Innovation das Ziel sein.
Das Management muss hinter Innovationsvorhaben stehen und das Commitment signalisieren. Auch das ist keine Angelegenheit, die mit einer Veranstaltung signalisiert werden kann, sondern bedingt konsistenten und kontinuierlichen Support. Commitment muss authentisch gelebt werden. Zusätzlich muss die Organisation oder Task Forces entsprechend “empowered” sein, Innovation real durchführen zu können. Dabei spielt die Wegbereitung durch das Management eine wichtige Rolle.
Toleranz gegenüber Neuem und Fehlertoleranz muss einstudiert werden. Von 50 Ideen können 49 fehlerhaft oder unerfolgreich sein! Es geht darum, aus 50 Ideen die eine gute zu isolieren. Insofern ist man gut aufgestellt, wenn möglichst reibungsfrei und effizient 49 schlechte Ideen diskutiert oder gar aussortiert werden können. Innovationspraxis bedeutet Selektion! Hierfür ist es wichtig, eine Art Common Sense im Team zu entwickeln, bei dem jeder Beteiligte verstanden hat, dass es bei der Suche nach guten Ideen nicht um Ego geht. Sondern um das gemeinsame Isolieren der besten Idee. Diskussionen müssen an Argumenten praktiziert werden und eine Debatte sollte im Optimalfall Spaß machen können. Es geht also nicht darum, dass oder ob jemand Recht hat, sondern dass bessere Argumente den Zuschlag bekommen, wenn es um Ideendiskussionen geht. Im Dienste einer guten Idee sollten sich alle nur als Geburtshelfer verstehen. In der Praxis ist dies allerdings schwierig zu etablieren und setzt auch die praxiserprobte Balance zwischen introvertierten und extrovertierten Personen voraus. Hilfreich ist es tatsächlich, in sich gut funktionerende Gruppen (im Sinne der Dynamik ‘gut funktionierend’) zu finden und im Sinne dieser Mission zu fördern.
Kriterien, Zielsetzungen, aber auch mögliche Budgets für strukturierte Ansätze sollten einen realen Rahmen bilden. Nochmal: Innovation passiert nicht um “luftleeren Raum”.
Teamstrukturen und Hierarchien müssen neben übergeordneten (z.B. in der Matrix organisierten) Programmen diskutiert werden, da z.B. Programme außerhalb der bisherigen Struktur sonst nicht den nötigen “Wumms” erhalten. Rollen, Befugnisse, mögliche Kollisionen können aber schon früh diskutiert werden, so dass Kollisionen mit bestehenden Strukturen eingedämmt werden können. Die Harmonisierung von Task Forces mit bestehenden Strukturen ist also ein wichtiges Thema, was häufig Innovationsprogramme und Change begleitet.
Die speziellen Kontexte am Markt sollten bekannt sein oder neu reflektiert werden, um mindestens grob einschätzen zu können, ob inkrementelle Weiterentwicklungen des bestehenden Geschäfts anvisiert werden sollten oder grundlegende Veränderungen möglich sind. Das macht in der Konsequenz einen großen Unterschied und sollte vor Einführen einer Initiative betrachtet werden. Eine Verortung der aktuellen Ausgangssituation von Zeit zu Zeit ist ohnehin stets zu empfehlen.
Es macht weiter Sinn, früh zu eroieren, welche Partner bei einem strukturierten Innovationsprozess die eigene Sichtweise erweitern können. Gedankliche Challenges sind an dieser Stelle gut! Gibt es geeignete Kunden, mit denen man bspw. Tests von Prototypen machen kann? Gibt es Partner für ein Gremium, welches Innovationskandidaten diskutieren kann? Gibt es Vertreter verschiedener Abteilungen, die bestimmte Blickwinkel als Stakeholder mit einbringen können? Bringen Sie die Diskussion mit ein. Aber werten Sie dann erst aus - es geht nicht um Wunscherfüllung, sondern die richtigen Schlussfolgerungen.
Je nach Branche oder Industrie kann man verschiedene Rahmenbedingungen für Neuproduktentwicklungen annehmen. Entwicklungszeiten sowie Eintrittshürden neuer Produkte sollten, wenn diese speziell sind, bei der Auflage von Innovationsprogrammen mit berücksichtigt werden. Es ist bspw. durchaus etwas anderes, ob ein neues Flugzeug gebaut werden soll oder ob es um die Erstellung eines digitalen Geschäftsmodells als Erweiterung des bestehenden Geschäfts geht. Die Auswahl der Methoden, die Wahl der beteiligten Akteure und natürlich auch Budgets können hier stark variieren. Insofern gilt es hier Rahmenbedingungen klarzustellen und Kontexte sinnvoll in die Abläufe zu übersetzen.
Schaffen Sie Räume, Zeiten und Formate für freie kreative Prozesse und die individuelle Zeitkontingente für die Bearbeitung von Ideen. Alles andere ist nicht angemessen, wenn Sie Ideen von der Organisation fordern. D.h. seien Sie sich im Klaren über reale Investitionen in die Grundlagen für die Arbeit an Neuem.
Kommunizieren Sie regelmäßig, welche Ergebnisse und Erkenntnisse durch Initiativen entstanden sind. Ergebnisse können z.B. neue Produkt-Kandidaten sein, die sich aber noch in dem Evaluationsprozess befinden. Erkenntnisse können auch Erkenntnisse aus dem Scheitern ursprünglich vielversprechender Projekte sein. Etwa, dass sich auf Basis einer retrospektiven Analyse gezeigt hat, dass ein Markpotential vertrieblich nicht erschlossen werden konnte, obwohl das Produkt eigentlich gut war. Das Unternehmen ist immer auf der Reise. Deshalb bleibt der Austausch von Erkenntnissen innerhalb der Organisation wichtg, damit Evolution im Ganzen geschehen kann.
Packen Sie Innovation systematisch und mit der nötigen Offenheit an! Es bleibt Ihnen auf lange Sicht ohnehin nichts anderes übrig :)